Laut ZDF Report vom 16. Juni sollen im April 50.000 Verdachtsmeldungen beim Paul-Ehrlich-Institut aufgelaufen sein. Allein im Mai sind weitere 30.000 nochmal dazu gekommen. Nach Angaben wurden davon allein im Mai 4.000 Verdachtsmeldungen als schwer eingestuft.
Wieviele Verdachtsmeldungen es insgesamt genau sind, geht nicht eindeutig hervor.
Verfahrensspezifische Besonderheiten für die Meldung an die EMA
Wir haben deshalb in die EMA EudraVigilance Datenbank gesehen. Hier müssten die PEI Verdachtsfälle ebenso gelistet sein.
In die EMA Daten werden - anders als bei Arzneimitteln - die Verdachtsfälle der Nebenwirkungen über die nationalen zuständigen behördlichen Institute (in Deutschland das PEI) eingereicht. Durch dieses Verfahren ist ein gewisser Filter vorgegeben. Es wird das eingereicht, was die nationalen Behörden freigeben. Bei den Arzneimitteln, die in der EMA gelistet werden, ist es anders: diese können direkt eingeben werden. Zum einen vom Patienten selbst, zum anderen vom klinischen oder ärztlichen Personal.
Dieses Verfahren birgt somit ein methodisches Artefakt: Die Verdachtsfälle bei Arzneimitteln können leichter - da direkt - eingeben werden. Die Verdachtsfälle bei Impfstoffen erfolgen über die nationalen zuständigen Behörden. Hierdurch kann es zum einen zu Verzögerungen, zum anderen zu einer vorzeitigen Selektion führen. Es ist folglich anzunehmen, dass die Verdachtsmeldungen bei Impfstoffen gegenüber denen der Arzneimittel eher in der Meldefrequenz unterschätzt werden. Dennoch werden bei der EMA EudraVigilance Arneimittel und Impfstoffe zusammen (weder räumlich noch inhaltlich getrennt) geführt.
Überraschend ist, dass im Jahr 2020 "nur" 1.821.211 Verdachtsfälle insgesamt (für alle dort gelisteten Arzneimittel und Impfstoffe) für das Jahr 2020 im Jahresreport genannt werden. In 2021 sind es allein für die 4 Impfstoffe zur Jahreshälfte (aktuell 26.06.21) bereits 628.586 Verdachtsfälle. Wir berichten darüber.
Unterschiede Verdachtsfälle Nebenwirkungen nach Ländern
EMA EudraVigilance zeigt interessanterweise große Unterschiede in Zahlen der gemeldeten Verdachtsfälle zwischen den Ländern.
Länderspezifische Verdachtsmeldungen von Nebenwirkungen Biontech
Nach dem EMA Daten sind bis zum 19.06.21 etwas über 10.000 Verdachtsmeldungen zum Biontech Impfstoff eingegangen. Das bevölkerungsmäßig kleinere Land Italien meldet dagegen fast 50.000 Fälle. Die noch kleineren Niederlande 30.000 Fälle. Frankreich ca. 27.000 Fälle.
Wie kommt es zu diesen enormen Unterschieden? Warum wird in anderen Ländern offensichtlich mehr gemeldet als in Deutschland vom PEI?
Sehen wir uns den zweiten großen Impfstoff in Deutschland an:
Länderspezifische Verdachtsmeldungen von Nebenwirkungen AstraZeneca
Hier führen die Niederlande das Feld an: ca. 33.000 Verdachtsmeldungen wurden gemeldet. Frankreich (ca. 18.000) und Italien (ca. 17.000) folgen. Selbst im achtmal so kleinem Österreich (ca. 13.000) wurden mehr Verdachtsmeldungen zu AstraZeneca eingereicht als vom deutschen PEI (ca. 11.000) entsprechend den EudraVigilance Daten.
Länderspezifische Verdachtsmeldungen von Nebenwirkungen Moderna
Niederlande führen mit ca. 10.000 Verdachtsmeldungen, bei Deutschland sind es für Moderna den EMA Daten nach gute 1.000.
Die Anzahl der gemeldeten Verdachtsfälle hängt natürlicherweise mit der Anzahl der Impfungen zusammen. Da die Anzahl der Verdachtsfälle länderspezifisch stark schwankt, ist anzunehmen, dass der Impfanteil auch länderspezifisch ähnlich stark auseinander klafft.
Dem ist allerdings nicht so. Nach den JFH Daten für Personen, die zumindest eine Impfdosis erhalten haben, liegen die genannte Länder eher dicht beisammen.
Impfanteil nach Ländern
Nach den JFH länderspezifischen Daten für Personen, die zumindest eine Impfdosis erhalten haben, liegen Deutschland (50,47%), Italien (51,69%) und Niederlande fast gleich auf. Frankreich (47,36%) etwas weniger, obwohl deutlich mehr Verdachtsmeldungen aus Frankreich kommen.
Die Niederländer melden in Relation zu den Einwohnern 16 mal mehr Verdachtsfälle
Die Niederländer melden für die drei Hauptimpfstoffe rund 73.000 Verdachtsmeldungen, obwohl sie nur 17,5 Millionen Einwohner haben. Davon haben 9.050.000 (51,69%) Personen mindestens 1 Impfdosis erhalten.
Aus den EMA Daten für Deutschland kommen ca. 11.000 von Biotech, 11.000 von AstraZeneca und gut 1.000 von Moderna. Das macht zusammen ca. 23.000 Verdachtsfälle. Das deutsche PEI hat somit der EMA bisher nur ca. 23.000 Verdachtsfälle gemeldet, obwohl mit 83,0 Millionen deutlich mehr Einwohner in Deutschland leben. Davon haben 41.973.100 (50,47%) Personen zumindest eine Impfdosis erhalten.
EMA EudraVigilance gemeldete Verdachtsfälle pro 100.000 E nach Ländern
Vergleicht man personenbezogen die Zahlen in Verdachtsfälle / 100.000 Geimpfte, zeigt sich, dass aus den Niederlanden rund 16x so viele Verdachtsmeldungen an die EMA gemeldet wurden als vom deutschen PEI.
Italien meldet 5x so viele Verdachtsfälle pro Geimpfte.
Grafik EMA EudraVigilance gemeldete Verdachtsfälle Nebenwirkungen für Covid 19 Impfstoffe / 100.000 E nach Ländern
Woher kommen diese Unterschiede?
Nur ein Teil - 40% ! - der vom PEI dem ZDFheute genannten PEI Verdachtsfälle findet sich in der EMA Datenbank
Zurück zu den deutschen 23.000 gemeldeten PEI Daten, die in der EMA Datenbank angekommen sind:
Laut ZDFheute Bericht sind bis Ende April 50.000 Verdachtsmeldungen aufgelaufen, zusätzlich 30.000 im Mai. Der Juni ist noch nicht mitgezählt. Es fehlen also mehrere zehntausend Verdachtsmeldungen - rund 57.000 - entsprechend dem Unterschied zwischen den ZDF Angaben und den EMA Daten. Wo sind sie? Sind sie schon ausgewertet?
Die EMA Daten sind alarmierend hoch, aber voraussichtlich nicht vollständig
Auch bei den anderen Ländern sehen wir, dass die Daten nicht vollständig sein können: Polen, Griechenland und viele weitere sind bei der EMA sicherlich unter repräsentiert.
Die Vermutung liegt nahe, dass die in der EMA EudraVigilance Datenbank genannten Zahlen bei weitem nicht vollständig sind. Und dass, obwohl sie bereits die letzten Wochen dramatisch hohe Zahlen geliefert haben. Siehe unseren Bericht zur EMA Datenbank mit 562.000 Verdachtsfällen, Stand 12.06.21. 14 Tage später am 26.06.21 sind es bereits 628.586 Verdachtsfälle.
Die Daten der EMA stellen für den europäischen Bereich auch weitgehend die Daten für die WHO Datenbank VigiAccess. Auch hier ist folglich mit einer Unterschätzung der Zahlen zu rechnen.
Schwere der Fälle
Auch in Frankreich häufen sich die Berichte, dass die regionalen Zentren zur Überwachung der Arzneimittel mit der Flut der Meldungen nicht mehr hinterher kommen. Nach Angaben diverser Medien konzentriert man sich dort nur mehr auf schwere Nebenwirkungen. Leichte Beschwerden sollen vorzugsweise nicht mehr gemeldet werden, da sie ohnehin nicht bearbeitet werden können.
Die EMA Daten zeigen, dass bereits ein Großteil der gemeldeten Verdachtsfälle als schwer kategorisiert wurden. Wir berichteten im Artikel EMA Datenbank darüber.
Wie der Stand bei uns ist, kann nicht genau eingeschätzt werden. Auffällig ist nur, dass bisher nur ein Teil der Verdachtsmeldungen bei der EMA und damit auch bei der WHO Datenbank eingegangen zu sein scheint.
Transparenztest Resümée
Es ist unklar, wieviele Verdachtsmeldungen auf Nebenwirkungen beim PEI eingegangen sind, wieviele ausgewertet wurden, und wie hoch der Anteil der an die EMA weitergeleiteten ist.
Die vom ZDFheute genannten Meldungen von Verdachtsmeldungen auf Nebenwirkungen der Covid Impfstoffe sind deutlich höher als die, die derzeit in der EMA Datenbank gelistet sind. Dieser Widerspruch ist aufzuklären. Wo sind die Verdachtsfälle? Wann werden sie bearbeitet?
Es gibt große länderspezifische Unterschiede bei der Anzahl der gemeldeten Verdachtsfälle. Aus den Niederlanden kommen - personenbezogen - 16 Mal so viele Meldungen wie aus Deutschland. Auch Italien, Frankreich u.a. melden ein Vielfaches an Verdachtsfällen gegenüber Deutschland. Es ist kaum anzunehmen, dass es länderspezifisch so große Unterschiede in den Nebenwirkungen geben kann. Es ist deshalb aufzuklären, inwieweit dies durch Meldeverzüge oder durch unterschiedliche Bewertungssysteme und -verfahren bedingt ist.
Insgesamt gesehen scheinen auf den ersten Blick die europäischen Meldungen für Verdachtsmeldungen wenig plausibel bzw. nicht vollständig. Und dass obwohl die bisherigen Gesamtzahlen alarmierend hoch sind.
Aufgrund der Meldeflut werden möglicherweise verstärkt die schweren Verdachtsfälle bearbeitet. Es ist aufzuklären, was mit den anderen Verdachtsmeldungen passiert?
In Deutschland besteht ein riesiger Datensatz aufgrund der SafeVac App Meldungen. Bisher wurden anscheinend diese Daten vom PEI nicht ausgewertet und teilveröffentlicht. Der Grund für diesen Verzug liegt laut PEI in der eingehenden Flut an Verdachtsmeldungen der Covid Impf Nebenwirkungen, die priorisiert bearbeitet werden. Da die Verdachtsmeldungen, obwohl sie weitgehend schwere Fälle dokumentieren (s. EMA EudraVigilance, WHO VigiAccess), kein Ende zu nehmen scheinen, ist unklar, wie und wann der App Datensatz ausgewertet werden kann?
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Quellen:
EudraVigilance Verdachtsfälle Nebenwirkungen nach Ländern, Biontech Impfung, 19.06.21
EudraVigilance Verdachtsfälle Nebenwirkungen nach Ländern, AstraZeneca Impfung, 19.06.21
EudraVigilance Verdachtsfälle Nebenwirkungen nach Ländern, Moderna Impfung, 19.06.21
Ourworldindata JFH, Personen mit mindestens 1 Impfdosis, Anteil nach Ländern, 19.06.21
ZDFheute, Paul-Ehrlich-Institut überlastet - Das Daten-Desaster - Das Paul-Ehrlich-Institut hat eine App entwickelt, um Nebenwirkungen von Corona-Impfungen zu erfassen. Doch das Institut ist überlastet, 16.06.21 https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/corona-impfung-nebenwirkungen-pei-daten-100.html
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