RKI Wochenbericht: Innerhalb einer Woche sanken die 20.867 Covid Todesfälle auf 9.809. Der Grund: Bei unklarem Impfstatus wurden Fälle einfach Ungeimpften zugeordnet.
Das Robert Koch Institut RKI hatte Anfang September Änderungen in der Zählweise für Geimpfte eingeführt. Wir berichteten hierüber in Irreführende Zählweisen Teil 2. Bei unklarem Impfstatus werden die Fälle den Ungeimpften zugeordnet.
Durch diese Änderungen in Definition und Zählweisen werden Erkrankungen, Krankenhaus- und Todesfälle bei Geimpften anders gezählt wie bei Ungeimpften.
Die Folge: Die neue RKI Definitionen und Zählweisen verzerren den Vergleich der Neuinfektionen, Krankenhausfälle und Todesfälle von Geimpft zu Ungeimpft. Es ist kein sinnvoller Vergleich mehr möglich. Auch die maßgeblich hochgeredete Impfeffektivität wird beeinflusst.
Hinzu kommt die unterschiedliche Testung bzw. Testanzahl von Geimpften und Ungeimpften. Wir berichteten darüber im Artikel Irreführende Zählweise Teil 1 .
Irreführende Zählweise: Wenn der Impfstatus nicht bekannt ist, wurden bisher Covidfälle als ungeimpft gezählt.
Dieser Trick ist besonders effektiv um die Zahl der Neuinfektionen bei Geimpften zu verheimlichen und sogar diese den Ungeimpften zuzuschreiben. Dieser Trick funktioniert natürlich auch bei Krankenhaus- und Todesfällen.
In zahlreichen Tweets auf Twitter hatten wir bereits Anfang September mehrfach darauf hingewiesen und sogar einen Artikel dazu gebracht.
Nun hat sich bestätigt, dass das RKI die angekündigte Zählweise tatsächlich in ihren Wochenberichten so irreführend angewandt hat. Interessanterweise hat das RKI dies ziemlich genau bis zur Bundestagswahl praktiziert.
Abrupter Abfall der Covid Zahlen nach Korrektur der Zählweise
Im RKI Wochenbericht 36 wurden Personen bei denen der Impfstatus nicht erfasst oder angeblich nicht bekannt war, einfach der Gruppe der Ungeimpften zugewiesen. Nun ist auf einen Schlag - zeitgleich mit nach der Bundestagswahl - die irreführende Zählweise korrigiert worden. Da fällt einem gleich der Reim ein "Ein Schelm, wer Böses dabei denkt".
Im RKI Wochenbericht 38 werden nun Covid-19 Fälle "mit Angabe Impfstatus" ausgewiesen. Das ist korrekt. Die Folge: Die Gesamtzahlen fallen prompt, der Anteil der Impfdurchbrüche steigt in Folge.
Vergleich RKI Wochenbericht 36 und 38 am Beispiel Todesfälle >60 Jahre
Wochenbericht 36, 23.09.21
Wochenbericht 38, 30.09.21
Im Wochenbericht vom 23.09.21 waren es 20.867 Covid Todesfälle in der Altersgruppe >60 Jahre gesamt. Nur eine Woche später am 30.09.21 sind es noch 9.809 Covid Todesfälle.
Sieht man sich die kumulierten Zahlen für den Zeitraum KW 05-KW 38 nur für die Ungeimpften >60 Jahre an, waren im Wochenbericht 23.09. 20.282 Ungeimpfte (20.867 Gesamt - 585 Geimpfte) gelistet, eine Woche später nur noch 9.161 Ungeimpfte.
D.h. in der Altersgruppe >60 Jahre waren über die Hälfte (55%) davon im Wochenbericht 36 aufgrund eines fehlenden Impfstatus den Ungeimpften zugeordnet worden. Anders ausgedrückt: Es waren mehr als doppelt so viele bzw. 121 % mehr Covid Fälle den Ungeimpften aufgrund irreführender Zählweise zugeschrieben worden.
Die Impfdurchbrüche für den gesamten Zeitraum haben sich dagegen in dieser Altersgruppe von 585 auf 648 Fällen erhöht.
Aktueller Zeitraum
Über den aktuellen Zeitraum der letzten drei Wochen sind die Covidfälle in dieser Altersgruppe >60 Jahre durch die Zählkorrektur von 623 auf 406 gefallen. Der Anteil der Covid Todesfälle bei Impfdurchbrüche erhöhte sich damit von 25,7% auf 37,4%.
RKI Erläuterung der Korrektur der bisher falschen Zählweise
Obige Erläuterung ist leicht zu übersehen, da ohne Überschrift und abgetrennt von der Tabelle zu den Impfdurchbrüchen. Hier gibt das RKI zu, dass bisher falsch gezählt wurden. Da Angaben zum Impfstatus unvollständig sind, muss von einer Untererfassung der geimpften Covid Fälle ausgegangen werden. Infolgedessen wurde die Impfeffektivität überschätzt. Mit dem Wochenbericht 38 werden deshalb ab 30.09.21 nur noch die Covid Fälle berücksichtigt für die eine Angabe des Impfstatus vorliegt.
Das RKI spricht dann von einer "methodischen Anpassung", die zu einer "Aktualisierung" geführt hätte. Diese Formulierung ist jedoch nicht nur eine Beschönigung, sondern bereits wieder eine Irreführung. Die methodische Anpassung war nämlich deshalb notwendig, weil die Methodik fehlerhaft war und zu irreführenden Annahmen verleitete. Interessant ist auch, dass diese wichtige Korrektur zeitlich genau nach der Bundestagswahl vollzogen wurde. Dies kann Zufall sein. Es schleicht sich aber der Verdacht ein, dass dies mutmaßlich hinausgezögert wurde um vor der Bundestagswahl entsprechende Zahlen vorweisen zu können.
Kumulierte Fälle sind statistische Ballastinformation
Das RKI listet alle Fälle seit KW 05 auf und kumuliert die Zahlen. In den ersten Kalenderwochen waren die Impfanteile aber noch extrem niedrig. Über den gesamten Zeitraum KW 05 bis KW 38 sind so überwiegend Ungeimpfte eingegangen. Folglich fallen auch rein statistisch gesehen mehr Neuinfektionen, Krankenhausaufenthalte und Todesfälle für Ungeimpfte an. Es ist deshalb wenig aussagekräftig diese Zahlen geschickt vermengt mit den wesentlich bedeutsameren aktuellen Zahlen der letzten drei KW zu vermischen.
In Tabelle 4 Impfdurchbrüche sind Daten aus unterschiedlichen Betrachtungszeiträumen nebeneinander gestellt worden.
Um ein aktuelles Bild der Effektivität zu bekommen sind Daten aus Februar, März, April usw. jedoch wenig hilfreich.
Dabei wird verschwiegen, dass 50% der Impfdurchbrüche in allen Altersklassen allein in den letzten vier Wochen entstanden sind. Die restlichen beziehen sich auf den Zeitraum von KW 05 bis KW 32. Die Impfdurchbrüche sind also gerade in den letzten vier Wochen im Vergleich zu Beginn des Jahres stark angewachsen.
Die Unterschiede zwischen kumulierten und aktuellen Zahlen sind infolgedessen enorm. In der wichtigen Altersgruppe > 60 Jahre gibt es kumuliert gesehen so geglättete 8,7% Impfdurchbrüche, aktuell sind es dagegen 49%.
Zudem ist völlig unberücksichtigt, dass Geimpfte fast gar nicht getestet werden, Ungeimpfte dagegen bei jeder Gelegenheit. Allein aus diesen Grunde müssten die Zahlen auch noch Testanzahl bereinigt ausgewertet werden. Das alles zeigt, dass die Daten auch jetzt noch mit großer Vorsicht zu betrachten sind.
Neue RKI Formulierung: Warum nur "wahrscheinliche" Impfdurchbrüche?
Auffällig ist, dass von "wahrscheinliche" Impfdurchbrüche gesprochen wird. Bei den anderen Fällen wird von "Covid-19 Fälle" ohne wahrscheinlich gesprochen.
Warum den Geimpften hier ein Sonderstatus zugebilligt werden soll ist nicht nachvollziehbar. Ein Impfdurchbruch lt. RKI Definition Anfang September nur vorgesehen wenn - Geimpft + klinische Covid-Symptome + PCR positiv getestet. Wenn das erfüllt ist, sollte es ein Impfdurchbruch sein, warum also nur wahrscheinlich? Nun gibt es beim RKI nur noch die Definition "wahrscheinlicher " Impfdurchbruch. Impfdurchbrüche gibt es nicht mehr.
Zweierlei Maß: Ungeimpfte Covid Fälle sind sicher, nicht "wahrscheinlich"
Bei den ungeimpften Covid Fällen reicht dagegen ein PCR positives Testergebnis und schon ist der Fall sicher ein Covid Fall.
Offensichtlich wird mit unterschiedlichen Maß gearbeitet und tituliert.
Die vom RKI gewählte begriffliche Darstellung ist somit bereits irreführend.
Transparenztest Resumée
Es lagen bisher schon grundlegende Versäumnisse für eine wissenschafts-methodisch saubere Datenerhebung vor.
Das RKI hat nun aber mit der neuen Definition zum Impfdurchbruch und vor allem mit der bedenkenlosen Zurechnung von Covid Fällen ohne Impfstatus zu den Ungeimpften inakzeptable, manipulative Züge erkennen lassen.
Auch wenn das RKI das jetzt korrigiert, ist das Vertrauen spätestens jetzt dahin.
Es stellen sich zudem elementare Fragen wie:
Was mit den rund 11.000 Todesfälle ohne bekannten Impfstatus passiert? Momentan sind diese verschwunden. Wieviele davon waren geimpft?
Wann und wo werden wir das erfahren?
Auch die unterschiedliche Testung bzw. Testanzahl von Geimpften und Ungeimpften wirkt sich verzerrend aus. Wann werden diese im Zahlenwerk anteilsmäßig berücksichtigt?
Und last but not least: Was ist geplant, damit die Dokumentation des Impfstatus bei Testung, Krankenhauseinweisung und Todesfalle standardisiert erhoben und kontrolliert wird?
Festzuhalten ist, dass all diese in Kauf genommenen Verzerrungen sich maßgeblich auf Einschnitte in die Grundrechte auswirken. Diesmal nur zu Lasten der Ungeimpften. Diese Bevölkerungsgruppe wird hierdurch stigmatisiert und ausgegrenzt.
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Quellen
RKI Covid-19 Wochenbericht KW 38
https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Wochenbericht/Wochenbericht_2021-09-30.pdf?__blob=publicationFile
RKI Covid-19 Wochenbericht KW 36
https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Wochenbericht/Wochenbericht_2021-09-23.pdf?__blob=publicationFile
RKI, FAQ, Wie wird ein Impfdurchbruch definiert?
https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/COVID-Impfen/FAQ_Liste_Wirksamkeit.html
https://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/coronavirus-warum-das-rki-die-impfwirksamkeit-nach-unten-korrigierte-a-2000e28b-6940-4454-9ee8-34ca75d164cf
https://www.arte.tv/de/afp/neuigkeiten/inzidenz-unter-ungeimpften-hessen-um-vielfaches-hoeher-als-unter-geimpften
https://www.welt.de/politik/deutschland/article233444978/Jens-Spahn-Dann-messen-wir-Inzidenzen-die-keinen-Aussagewert-haben.html
https://www.youtube.com/watch?v=00OVVn8XZew
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