10. November 2022
Altersstandardisierte Daten zeigen: Die aktuelle Sterblichkeit 2022 in Deutschland ist geringer als in den Medien dargestellt. Die Medien berichten nur über absolute Sterbezahlen. Covid scheidet als Ursache für den Anstieg der letzten Monate aus.
Destatis zeigt für Deutschland - und Euromomo für einige EU Länder - für August und September Zahlen, die eine starke Übersterblichkeit signalisieren. So gibt Destatis die Übersterblichkeit für August mit 11% und für September mit 9% an.
Unvollständige Destatis Zahlen: 9% höhere Sterblichkeit im September 2022 gegenüber den Mittelwert (Median) der Vorjahre
Die Destatis Daten zeigen jedoch nur die absoluten Zahlen. Sie berücksichtigen weder Einflüsse durch die wachsende Bevölkerung noch durch die alternde Gesellschaft.
Auch der von Destatis bevorzugte Vergleich mit dem Median der Vorjahre wird von Kritikern hinterfragt. Aktuelle Jahreswerte fallen im Vergleich zu gemittelten (hier Median) Vorjahren tendenziell höher aus. Viel aussagekräftiger und weniger verzerrend ist der direkte Vergleich mit den einzelnen Jahren.
Covid ist nicht der Grund der Übersterblichkeit
Selbst mit absoluten Zahlen sieht man jedoch, dass die Übersterblichkeit nicht Covid bedingt ist. Die z.B. in KW 37 genannten 292 Covid Toten machen nur 1,6% und damit einen Bruchteil der 18.057 Toten aus. Zudem wird nicht zwischen "mit" und "aufgrund" Covid unterschieden. Die "echten" Covid Toten werden so bei voraussichtlich noch mal deutlich weniger sein.
Destatis selbst gibt für die Übersterblichkeit die lange Hitzeperiode an.
Besonders erhöht waren laut Destatis die Sterbefallzahlen in Kalenderwoche 29 (18.-24. Juli) mit plus 24 %. In dieser Woche war es besonders heiß.
Experten kritisieren: Destatis liefert keine altersbereinigten Daten
Die Twitter Accounts von ProNoCchio und Prof. Stefan Kraus (Medical Data Science) haben in den vergangenen Monaten regelmäßig auf das Problem der bisher fehlenden Altersstandardisierung aufmerksam gemacht.
Um diesem Informationsvakuum entgegen zu wirken liefern diese Experten in anschaulichen Grafiken altersstandardisierte Sterblichkeitswerte .
Wöchentliche altersstandardisierte Sterblichkeit KW1-41 2022 im Vergleich zu Vorjahren
Rot: 2022
Blau: 5 Vorjahre
Prof. Normal vom Twitter Account ProNoCchio:
"Ja, wir haben derzeit erhöhte Sterblichkeit, wie man an der roten Kurve deutlich sieht. In der jährlichen Gesamtbilanz sehe ich aber noch keine massive Erhöhung, am Jahresanfang war sie sehr niedrig.
Die rote Linie zeigt in der zweiten Hälfte teils höhere Werte als in den Vorjahren. Gerade in den letzten Wochen ist ein leichter Anstieg zu sehen. Die Daten schwanken jedoch erfahrungsgemäß individuell nach Wochen, so dass es sinnvoll ist, größere Zeitabschnitte wie ein Jahr oder eine Saison zu vergleichen.
Vergleich Sterblichkeit in Deutschland der Jahre 2008-2022
Hellgrau: Vor Corona
Rot: Corona Tote laut RKI
Blau: Alle anderen Tote
Diese ProNoCchio Grafik zeigt den Verlauf der Sterblichkeit über die Jahre 2008-2022. Ein großer Vergleichszeitraum lässt die aktuellen Werte besser einordnen. Die Grafik zeigt auch die Verteilung der "Corona"-Toten laut RKI Definition (rot mit positivem PCR Testbefund) und allen sonstigen Toten (blau). In 2022 geht die Grafik bis KW40.
Die Grafik zeigt den geringen Anteil der vom RKI deklarierten Covidtoten (rot) an den Gesamttoten (blau). Wie wenige Covidtote das sind, kann man gerade an den kaum sichtbaren roten Spitzen der letzten Kalenderwochen 2022 sehen.
Die wenigsten RKI "Covidtoten" dürften Symptome aufweisen (s. hierzu unseren Bericht "RKI: 96% der Covid Todesfälle haben keine Symptome oder keinen klaren Impfstatus".)
Die Grafik zeigt auch, dass es im Winter regelmäßig zu Peaks kommt. Es sind keine größeren Auffälligkeiten über die Jahre bis heute 2022 KW40 zu sehen.
Verlauf der Sterblichkeit 2022 nach Kalenderwochen bis KW42
Eine nennenswerte Übersterblichkeit in 2022 hat erst seit Mitte des Jahres bzw. ab KW 28 eingesetzt. Insgesamt ergibt sich für das bisherige 2022 noch keine Übersterblichkeit.
Die Grafik zeigt eindeutig, dass anfangs der Jahres 2022 bis KW11 eine Untersterblichkeit vorlag. Ab Mitte des Jahres ab KW28 setzt eine Übersterblichkeit ein. Inwieweit dies ein Trend ist oder nur in den natürlichen Schwankungsbereich gehört, muss abgewartet werden. Über den gesamten Zeitraum von 2022 bis Kalenderwoche 42 ergibt sich jedenfalls gegenüber den 5 Vorjahren keine Übersterblichkeit sondern sogar ein Minus.
Alterstandardisierte Sterblichkeit der Jahre 2013-2022 jeweils bis KW41
Diese Grafik zeigt den Vergleich der altersstandardisierten Sterblichkeit für die Jahre 2013-2022. Die Daten beziehen sich jeweils auf die ersten 41 Kalenderwochen so dass ein Vergleich möglich ist. Die Zahlen zeigen Tote je 1.000 Einwohner. Interessanterweise zeigt sich, dass das Pandemiejahr 2020 in dem Zeitraum 2013-2022 die geringste Rate mit 11,38 Toten/ 1.000 Einwohner hatte. Zwar liegt 2021 mit 11,71 und 2022 mit 12,06 nochmals höher als 2020. Aber in anderen Jahren hatten wir noch mehr: 2013 mit 12,65 Toten/1.000 Einwohner, 2015 mit 12,45 und 2018 mit 12,12.
Die Abstände insgesamt sind nicht so groß, dass hier von starker Unter- oder Übersterblichkeit gesprochen kann. Das Jahr 2022 hat so gegenüber 2020 insgesamt nur eine 5,6% höhere Rate. Das Jahr 2013 gegenüber 2020 weist jedoch eine 10% höhere Rate aus. Die derzeit in den Medien diskutierten über 20% höhere Sterblichkeit für 2022 gegenüber den Vorjahren sind über das Jahr von KW1-41 gesehen so nicht haltbar.
Ohne Altersstandardisierung ergeben sich verzerrte Sterblichkeitswerte
Prof. Stefan Kraus erläutert
"Damit man mal einen Eindruck bekommt, wie stark die Alterung der Gesellschaft die Sterblichkeit beeinflusst: Rot zeigt die unbereinigte "rohe" Sterblichkeit. Für die altersbereinigte Sterblichkeit (blau) wurde hier das Jahr 2011 als Standardpopulation verwendet."
Die Grafik zeigt die Entwicklung der Sterblichkeit in Deutschland vom Jahr 2000-2021. Die rote Linie zeigt die rohe Sterblichkeit für Deutschland, anteilbereinigt nach Toten je 1.000 Personen, jedoch ohne Altersbereinigung. Die blaue Linie zeigt die Sterblichkeit berechnet nach der Standard Population 2011. Die (rote) rohe Sterblichkeit würde so im Laufe der Jahre zunehmend höhere Sterblichkeiten signalisieren als dies tatsächlich der Fall ist.
Bisherige Statistiken berücksichtigen nicht den progressiv zunehmend hohen Anteil von Personen über 80 Jahren. Das führt zu starken Überschätzungen.
Die absoluten Sterblichkeitsdaten täuschen stark, da die Bevölkerung zum einen stark gewachsen, zum anderen noch stärker gealtert ist.
Vor allem der progressiv zunehmende Anteil der Älteren verzerrt die Statistik.
So gibt es in der Gruppe der 80plus Jährigen einen Zuwachs von 21% vom Jahre 2016 auf 2020. Es ist aber gerade diese Altersgruppe die maßgeblich zur Sterblichkeit beiträgt.
Durch die rapide Überalterung der Gesellschaft hat die Größe der Altersgruppe 80plus in nur zwei Jahren von 2018 auf 2020 um 547.328 Personen zugenommen. Dies führt zu 50.000 rein altersbedingten zusätzlichen Toten allein in dieser Altersgruppe. Diese werden offensichtlich gerne der "Pandemie" unrichtigerweise zugeschrieben.
Quelle: https://twitter.com/ProNoCchio/status/1539284340957499392
Die Bevölkerung altert zunehmend und erhöht damit mit jedem Jahr zunehmend die Sterblichkeit
Allein in der Altersgruppe 80-89 Jahre gab es einen Zuwachs um 21,12 Prozent von 2016 auf 2020. Aufgrund der Alterspyramide gibt es ohne weitere Einflüsse mit jedem Jahr mehr Todesfälle.
Altersstandardisierte Daten der Gesundheitsberichterstattung des Bundes GBE fehlen bisher
In Deutschland fand man offizielle Daten in der Pandemiezeit bisher nur bei der Gesundheitsberichterstattung des Bundes GBE, die gemeinsam von RKI und Destatis geleitet wird. Nach diesen Daten zur altersstandardisierten Sterblichkeit von 1980-2021 war von Pandemie nichts zu sehen. Merkwürdigerweise sind Anfang November noch immer keine altersbereinigten Daten für 2021 da. Altersbereinigte Daten für 2022 bis dato darf man erst gar nicht erwarten.
Transparenztest Resümee
Sterblichkeitsdaten, die nicht altersstandardisiert sind, zeigen in der Regel erheblich verzerrte Werte, die zu einer Überschätzung der Sterblichkeit führen.
Bis Mitte 2022 war nach altersstandardisierten Sterblichkeitsdaten keine Übersterblichkeit zu beobachten. Ab KW 28 ist eine wöchentliche Übersterblichkeit festzustellen. Für das gesamte 2022 bis heute in KW 41 liegt jedoch keine Übersterblichkeit vor. Verläuft die Herbstkurve weiter so, kann sich das ändern. Ob die Erhebungen sich über das Jahr ausgleichen oder ob es sich um eine Trendwende handelt und die Sterblichkeit weiter zu nimmt, muss abgewartet werden.
Die Übersterblichkeit im Sommer oder Herbst fällt zudem nicht so stark aus wie in den Medien dargestellt. Die "hohe" Sterblichkeit ist vor allem methodisch bedingt, da Destatis nur absolute Werte nennt und diese dann mit dem Median der Vorjahre vergleicht. Diese Methode führt fast immer zu höheren Werten.
Bisher fallen die altersbereinigten Sterblichkeitsdaten nicht so aus den Rahmen, dass man von grosser Übersterblichkeit gegenüber anderen Vorjahren derzeit sprechen kann.
Wie sieht es mit den möglichen Ursachen aus?
Auf den Intensivstationen gibt es derzeit so gut wie keine „aufgrund“ Covid Fälle, folglich wird hier keine Übersterblichkeit abzuleiten sein. Bei Todesfällen ist dies nicht anders. Selbst bei den absoluten Destatis Daten liegen die Covid Toten wöchentlich derzeit nur etwas über 1%, obwohl hier nicht zwischen "mit" und "aufgrund" Fällen unterschieden wird.
Covid kann für die aktuelle Übersterblichkeit keine Rolle gespielt haben. Bei Impftoten und Toten aufgrund von Kollateralschäden muss man abwarten wie sich die Zahlen in den nächsten Wochen entwickeln. Momentan spricht einiges dafür, dass die Sommertoten zumindest zum Teil durch die ungewöhnlich lange Hitzeperiode bedingt war.
Tt Fragen, die sich aufdrängen:
Warum werden nach wie vor vom Bundesamt für Statistik, Politik und MS-Medien vorwiegend oder ausschließlich absolute Rohdaten kommuniziert, die den demografischen Wandel nicht berücksichtigen?
Warum wird von Destatis nicht aktiv auf den derzeit sehr geringen Anteil der Covid Toten hingewiesen?
Warum unterscheidet Destatis nicht zwischen "mit" und "aufgrund" Covid Todesfällen?
Warum verweist das Bundesamt für Statistik nicht auf die GBE-Daten bzw. verlinkt diese nicht zur GBE Webseite?
Warum gibt es noch keine altersstandardisierten GBE Sterblichkeitsdaten für 2021 geschweige denn vorläufig für 2022?
Warum wird nicht über einen langen Zeitraum von mindestens 20 Jahren verglichen?
Warum wird kein Ranking nach den Jahren für einen leichten Vergleich gemacht?
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Quellen:
Destatis Sterbefallzahlen im September 2022 um 9% über dem mittleren Wert der Vorjahre
https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/10/PD22_434_126.html
Destatis Sterbefallzahlen im August 2022 um 11% über dem mittleren Wert der Vorjahre
https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/09/PD22_385_126.html
https://twitter.com/ProNoCchio/status/1585523121401929730
https://twitter.com/ProNoCchio/status/1588094938264354816/photo/1
https://twitter.com/ProNoCchio/status/1585299652970434562
https://twitter.com/ProfStefanKraus/status/1548375151472832514
http://corona.coex.de/
B. Kowall, F. Standl, F. Oesterling, B. Brune, M. Brinkmann, M. Dudda, P. Pflaumer, K.H. Jöckel, A. Stang, Excess mortality due to Covid-19? A comparison of total mortality in 2020 with total mortality in 2016 to 2019 in Germany, Sweden and Spain, Universität Duisburg-Essen, 03.08.21
https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0255540
Unsplash: Shuttersnap
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